Antwort auf den „Offenen Brief mittelständischer Unternehmer“ in und um Rosenheim

(Reaktion auf den Offenen Brief im OVB vom 02.-04.02.2021)

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir von Bündnis 90/Die Grünen in Rosenheim-Stadt haben Ihren Brief zur Kenntnis genommen und fühlen uns angesprochen, auch wenn wir in Rosenheim, in Bayern und im Bund keine politische Verantwortung tragen und deshalb für einzelne Maßnahmen nicht verantwortlich sind.

Der „Offene Brief mittelständischer Unternehmer“ aus der Region und die Redebeiträge der Initiatoren reihen sich ein in den Chor derjenigen, die die Reaktion des demokratischen Staates auf die Pandemie als Unrecht und Einschränkung ihrer Freiheit empfinden. Wir können diesen Brief nicht unkommentiert stehen lassen.

Es ist nachvollziehbar, dass nach einem Jahr mit erheblichen Einschränkungen viele Menschen ihre Freiheitsrechte massiv angetastet sehen. Gerade die Situation in den Kitas, Schulen und im gesamten kulturellen Bereich ist besorgniserregend. Viele Soloselbstständige und der Einzelhandel sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Fatal ist vor allem der Verlust an sozialen Kontakten und das Alleingelassensein bei allen Menschen. Vor allem die Jüngeren und die Älteren in unserer Gesellschaft leiden am meisten unter der Lage, in die uns die Covid19-Pandemie gebracht hat.

Andererseits scheinen aber viele, die jetzt lauthals ihre Freiheitsrechte einfordern und ihre Frustration über Entscheidungen der Politik und der Wissenschaft dem demokratischen System anlasten, nicht zu begreifen, dass sie damit denen nach dem Mund reden, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung beschädigen und sogar zerstören wollen.

So fordert der Brief etwa eine „Rückkehr zur freien sozialen Marktwirtschaft“. Diese hat es nie gegeben. Bei der freien Marktwirtschaft bestimmen allein Angebot und Nachfrage die Wirtschaftstätigkeiten. Die soziale Marktwirtschaft unseres Grundgesetzes verbindet aber bewusst das Prinzip des freien Marktes mit dem sozialen Ausgleich. Die soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, sowie der soziale Fortschritt stehen im Mittelpunkt dieser Wirtschafts-form.

Protestbewegungen wie „Wir stehen zusammen“ bilden sich, um auf die Situation in ihren Betrieben und Geschäften aufmerksam zu machen. Gleichzeitig aber ziehen sie die Glaubwürdigkeit und gemeinsame Basis des Miteinander in Zweifel. Sie erklären die Krise zur Glaubensfrage der Unvernunft und haben krude Antworten parat. Der offene Brief der Unternehmer macht uns Sorgen. Denn er spiegelt wieder, wie nahe inzwischen die Kritik an Coronamaßnahmen der Bundesregierung an einer Infragestellung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung liegt.

Uns geht es nicht darum, einem Corona-Ausnahmezustand mit unkontrollierten Handlungs-rechten für die Regierenden das Wort zu reden. Einen willkürlich herbeigeführten Ausnahmezustand will jenseits von AfD und ihren Anhängern niemand. Im Umgang mit SARS-CoV-2 geht es darum, der Regierung und allen Verantwortlichen alle Möglichkeiten an die Hand zu geben, den Kampf gegen das Virus mit den ihnen legal zur Verfügung stehenden Mitteln zu gewinnen.

Vernunft und solidarisches Handeln, das Mitgefühl für die Schwächsten in unserer Gesellschaft müssen im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns stehen.

Wir möchten uns gerne gemeinsam mit allen in der Gesellschaft und gerade den Unternehmern der Zukunft zuwenden, denn die Corona-Pandemie ist eine Krise, die wir nur gemeinsam als Ganzes bewältigen können. Lassen Sie uns also weiterhin zusammenhalten!

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