Wie kann man umgehen mit Menschen im näheren oder entfernteren Umfeld, die sich radikalisieren? Was hilft da wirklich? Das fragen sich wohl immer mehr Menschen.

In einer gemütlichen Runde von einem Dutzend Frauen näherten sich die Teilnehmer des AK-Frauen am 19.11. diesen Fragen und ihren Antworten an. Hilfreiche Erkenntnisse und Vorgehensweisen konnten aus dem Austausch von eigenen Erfahrungen sowie aus dem Buch  „Warum wir Familie und Freunde an radikale Ideologien verlieren – und wie wir sie wieder zurückholen“ der Kommunikationsexpertin Dana Buchziks gewonnen werden. Drei Frauen stellten Inhalte des Buchs vor.

Einige Erkenntnisse des Abends:

Was wir als Gesellschaft tun können? Beratungsstellen finanzieren und Forschung fördern. Was können wir als Individuen tun? Andere Suchmaschinen nutzen, um nicht nur für uns vorgefilterte Inhalte ausgespielt zu bekommen, unsere Filter-Bubbles bewusst aufbrechen, mit Menschen außerhalb unserer Echokammer sprechen. Und vor allem: Hinschauen. Radikalisierung passiert nicht über Nacht. Es ist ein Prozess. Und in jedem Stadium dieses Prozesses gibt es Menschen, die eingreifen können.

Besonders hilfreich ist das direkte Gespräch. Online funktioniert Gegenrede nur bedingt. Wenn ich meinem radikalisierten Kollegen, Nachbarn oder Familienmitglied begegne, kann es hilfreich sein, sich zunächst auf die gemeinsamen Grundwerte zu einigen, um darauf aufzubauen. Das kann beispielsweise so aussehen: „Ich kann sehr gut verstehen, dass du gerne ein Leben führen willst, in dem es dir gut geht und du gleich behandelt wirst wie andere (Grundwert Fairness). Das will ich auch – das sehen wir gleich.“ Oder: „Ich kann verstehen, dass du dich derzeit nicht unterstützt fühlst von der Politik / dass du das Gefühl hast, immer weniger Geld auf deinem Konto zu haben, obwohl du viel arbeitest / dass du es gerade schwer hast, eine geeignete Wohnung zu finden – so geht es mir auch.“ Im weiteren Gespräch könnte man darauf eingehen, wie die Lage sich verändern würde, wenn die eine oder die andere Partei die Regierung stellen würde. Auch eigene Ängste und Sorgen, die man selbst davor hat, sollten bestimmte Parteien an die Macht kommen, können angesprochen werden.

Es ist hilfreich, bei solchen Gesprächen ruhig zu bleiben. Durch Fragen kann man das Gegenüber besser verstehen und Zeit gewinnen. Anschließend kann höflich und freundlich widersprochen werden, wenn man selbst anderer Meinung ist. Sollte das Gespräch sich in eine ungute Richtung entwickeln, etwa indem die andere Person Sie nicht ausreden lässt oder beleidigt, sollte das Thema gewechselt werden.

Gesamtgesellschaftlich sei es wichtig, dass die Politik mehr Gelder für Deradikalisierung bereitstellt, u. a. für Wissenschaftsförderung zu dem Thema, so Buchzik. Auch die Medien spielten eine entscheidende Rolle. Es solle weniger aus der Perspektive der Täter berichtet werden, viel mehr eine Betrachtung von außen stattfinden und radikalen Politikern nicht unverhältnismäßig viel Sendezeit zur Verfügung gestellt werden.

Eine besonders wichtige Rolle bei der Deradikalisierung spielen Freunde und Familie. Das zu wissen, kann vielleicht der*dem ein oder anderen Mut machen, sich auch schwierigeren Themen gemeinsam mit seinen Liebsten zu widmen und ihnen die Hand auszustrecken, sodass das Gegenüber weiß, wer für sie*ihn da ist, wenn sie sich wieder von den radikalen Ideologien distanzieren und zurückkommen in eine Gesellschaft mit weniger Hass und mehr Empathie.


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